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Freitag, der
09.08.1996

Prag - Cesky Sternberk - Prag

Tagesetappe: 0 km

Gesamtkilometerzahl: zirka 310 km

tschechische Flagge

Der heutige Tag wurde genauso begonnen wir der Gestrige. Nur sollte uns die Eisenbahn heute zur Burg Cesky Sternberk bringen. Auch heute stellte uns der Weg bis dahin vor keine, im besten Neudeutsch, logistischen Probleme. Der Zug hielt irgendwo mitten im Wald und wir konnten zum Glück das Stationsschild entziffern und stiegen aus. Mit uns verließen noch einige andere Personen unser Transportmittel. Keine von den Personen schien deutscher Nationalität zu sein und weil sie alle strebsam ihres Weges gingen, folgten wir ihnen einfach. Das war eine gute Entscheidung. Denn nach ungefähr 10 Minuten Marsch konnten wir die Burg sehen und kurz danach tauchte auch die Ortschaft auf. Da im Ortskern auch eine Restaurant zu sehen war, konnten wir auch beruhigt zur Burg wandern, denn nun war unsere Mittagessen gesichert.
Am Eingang des Schloßes entrichteten wir unseren Obolus und betraten dieses ehrwürdige Gemäuer. Im Burghof besahen wir uns die Aktivitäten eines Falkners und das dauerte eine gute Weile. Dann begann die Führung in deutscher Sprache, eine Studentin führte uns durch diese Burg. Ich will nicht sagen, die Führung ist wie in allen anderen mittelalterlichen Burgen, doch in vielen Dingen gleichen sich die Führungen halt. Doch eine scheint mir erwähnenswert, nach den Enteignungen nach dem Ende des 2. Weltkrieges in unseren sozialistischen Heimatländern verließen in fast allen Fällen die ehemaligen Eigentümer fluchtartig ihre Besitzungen. Wenn sie dieses nicht schon vor Ende des Krieges getan hatten. Nicht so hier, der ehemalige Besitzer, ich weiß nicht mehr ob er ein Graf war oder einen anderen Titel führte, blieb auf der Burg und wurde sogar Führer in seinem ehemaligen Besitz. Und er wohnt sogar noch heute hier, ob allerdings Cesky Sternberk wieder in seinem Besitz ist, weiß ich auch nicht mehr. (Als Nachtrag möchte ich hier noch bringen, ich schreibe dies im Jahr 2004 und weiß somit auch nicht, ob der der alte Mann noch lebt.) Die Hoffnung ein reiches Burgfräulein zu finden und mit meinem "Scharm" zu umgarnen, erfüllte sich auch nicht.
Also begaben wir uns zu einem bürgerlichen Mittagsmahl in das Dorf, welches sich im Schatten der Burg an den Hang schmiegt. Doch bei Knödel, Gulasch und einem gutem tschechischem Bier war diese "Enttäuschung" schnell vergessen und wir wendeten uns der Zukunft zu. Diese hieß jetzt, wann fährt ein Zug zurück nach Prag. An der Haltestelle mußten wir auch nicht lange warten und wurden nach Prag zurück gebracht. Dort wollten wir wieder einmal ins jüdische Viertel gehen. Ich hatte vor den alten jüdischen Friedhof zu besuchen und die Kinderzeichnungen von Theresienstadt wieder einmal anzuschauen. Doch an der Kasse schreckte ich zurück. Nicht nur daß es unterschiedliche Preise für Tschechen und Ausländer gab, das hätte ich zur Not noch verstanden. Nein, jetzt mußte man für alles einzelne Eintrittskarten kaufen und das zu einem happigen Preis. So beschlossen wir dieses Unternehmen abzublasen und noch ein wenig herumzuwandern.
Doch zu den Kinderzeichnungen möchte ich noch eine wenig mehr schreiben. 1982 hatte ich mit Gallagher, nein nicht dem Bluesgittaristen aus Irland, sondern mit einem Freund von mir, einen ersten gemeinsamen Urlaub in Prag gemacht. Zu unserem Glück trafen wir ein Pärchen aus Jena, die sich in Prag auskannten und uns einige Sagen und Geschichten von der goldenen Stadt berichten konnten. Sie empfahlen uns unbedingt einen Besuch des jüdischen Viertels und insbesondere die Ausstellung mit Kinderzeichnungen aus dem KZ Theresienstadt. Die Ausstellung war in meinen Augen erschreckender und blieb mir auch mehr im Gedächtnis haften als der Besuch des KZ Buchenwald. All die Zeichnungen die den Alltag, die Hoffnungen und die Ängste der Kinder widerspiegelten, trieben mir die Tränen in die Augen. Am schlimmsten war aber, daß die Kinder der grausamen Realität, nämlich ihrem Tod, ins Gesicht blickten und dies auch auf ihren Bildern wiedergaben. Als ich dann ins Freie trat, bemerkte ich den herrlichen Tag nicht mehr und versuchte nur an diesem Ort nicht mehr als deutscher Tourist aufzufallen, obwohl dies bei unserer Kleidung (z.B. Römersandalen) unmöglich war. Diesen Tag war für mich gelaufen und wir verzogen uns auf den Zeltplatz. Leider muß ich sagen, daß in Prag und in Tschechien oftmals die deutschen Touristen durch Überheblichkeit auffallen. Jetzt regiert die D-Mark und insbesondere viele Ostdeutsche tragen viel zum Bild des überheblichen Deutschen im Ausland bei. Da haben wir wohl noch viel zu lernen.
Doch zurück zum Reisebericht, nachdem wir abends noch einige Stunden in der Altstadt umhergeschlendert waren, folgte das übliche Abendzeremoniell. Gegen 23:00 Uhr waren wir wieder auf Branik und begaben uns ins Zelt.

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