Als ich heute aus dem Zelt blickte, lachte mir die Sonne entgegen. So könnte eigentlich jeder Tag beginnen. Nach unserem
Frühstück konnten wir gegen 10:00 Uhr losfahren. Das erste Stück bis zur Abzweigung Arrowtown hatten wir ja schon auf dem
Herweg geradelt. Ab jetzt fuhren wir die Crown Range Road und gleich zu Beginn wartete ein sehr steiler Anstieg auf uns. Ich
bleib jetzt wie erwartet schnell hinter denn anderen beiden zurück. Es gab eine ganze Reihe von ziemlich steilen Kehren und
erst am Lookout traf ich die beiden wieder. Als wir dann weiter radelten, begann es zu regnen und wir schlüpften in unsere
Regensachen. Weiter ging es stetig bergan, aber nicht so steil, daß es belastend wurde. Jetzt rauschten auch immer mehr andere
Fahrradfahrer an uns vorbei und warnten uns davor, daß es noch lange bergauf zu fahren sei. Doch die Landschaft vor uns sah gar
nichts so furchterregend aus. Da der Regen jetzt wieder aufgehört hatte, konnten wir uns die Regensachen vom Körper streifen.
So langsam wurde die Strecke steiler und eine Kehre folgte der anderen. Nach jeder einer solchen Kehre dachte ich, aber jetzt
ist gleich Schluß. Immer wieder täuschte ich mich und es wurde auch so steil, daß ich mich stellenweise schiebend fortbewegen
mußte. Aber die Fahrzeuge, welche uns überholten oder die uns entgegenkamen, hielten die Moral aufrecht, da sie uns
aufmunternd grüßten oder anfeuerten. Irgendwann erreichten wir dann die Paßhöhe, mit 1067 m die höchste, geteerte Passtraße
Neuseelands. Dort warteten Frank und Udo mit einem Schweizer Radlerpärchen. Sie wollten denselben Weg radeln, den wir gerade
von Te Anau genommen hatten und am Movara Lake Silvester verbringen. Da hatten sie einen erstklassigen Ort ausgewählt.
Nach einem längeren Gespräch verabschiedeten
wir uns voneinander und radelten von dannen. Wir hatten jetzt eine fast 40 km lange Abfahrt vor uns. Die genoß ich natürlich,
vor allem, weil jetzt die Sonne richtig warm wurde und es auch keinen Gegenwind gab. Wir rollten an dem Örtchen Cardrona
vorbei und weiter durch das Cardrona Valley. Die Abfahrt war nun fast vorbei, denn das geringe Gefälle wurde von dem
Gegenwind, der jetzt wieder aufgetaucht war, mehr als zunichte gemacht. Nach einem kurzem Anstieg standen wir dann am Lake
Wanaka. Die gleichnamige Stadt soll zwar, ähnlich wie Queenstown, eine Hochburg von adrenalinsüchtigen Touristen und
neuseeländischen Jugendlichen sein, aber mir kam das Städtchen eher verschlafen und recht angenehm vor. Da wir aber heute bis
zum nördlichsten Punkt vom Lake Hawea wollten radelten wir weiter. Nicht lange nachdem wir aus der Stadt heraus waren, wurde
es hügelig und es begann zu regnen. Die nächsten 12 km bis zum See und der Siedlung Lake Hawea wurden sehr anstrengend und
feucht. Also änderten wir wieder einmal unsere Pläne und zelteten am Südende des Sees. Es war der bis jetzt schlechteste
Campingplatz in unserem Urlaub. Außerdem war er sehr voll mit lärmenden Jugendlichen und die Wege schlammig. Wir fanden aber
noch ein relativ ruhiges Plätzchen nahe eines Küchen- und Sanitärtraktes. Schnell bauten wir die Zelte auf und fuhren danach
zum Einkaufen. Wir mußten ja auch noch für Silvester einkaufen, da wir nicht wußten, wo wir morgen übernachten würden. So
waren unserer Taschen sehr gut gefüllt. Am Zelt angekommen fing es richtig an mit regnen, ja es schüttete regelrecht. Die
Küche war gut gefüllt, aber wir konnten unsere Nudeln kochen und verspeisen. Jetzt tauchte ein deutsches Pärchen auf. Sie
waren aus Jena und hatten eigentlich nach Indonesien reisen wollen, sich aber dann doch für Neuseeland entschieden. Solche
Kleinigkeiten können manchmal über das Leben entscheiden, wer weiß was in Indonesien mit ihnen passiert wäre. Aber jetzt waren
sie hier und beklagten, daß sie hier kein Häuschen mehr bekommen hatten. Sie waren kurz entschlossen vom Fox Glacier, weil
dort für die nächsten Tage keine Gletscherführungen gemacht wurden, hierher gefahren in der Hoffnung auf besseres Wetter.
Damit konnte hier aber nicht gedient werden, denn als ich die Wolken beobachtete, sah ich ein Phänomen. Erst zogen die Wolken
10 Minuten nach Norden und es wurde etwas heller, doch dann wurden sie nach Süden geschoben und es wurde wieder dunkler. Und
es regnete, wie man so schön sagt, junge Hunde. Ich dachte nur, hoffentlich bleiben die Zelte trocken. Jetzt fiel mir auch der
Feuerlöscher an der Wand auf. Den muß ich euch beschreiben, in einem Holzkasten stand eine Milchflasche, die halbvoll mit
Wasser gefüllt war. Der Feuerlöscher war geeignet für elektrische Anlagen und brennende Flüssigkeiten. Da mußte ich natürlich
den Fotoapparat holen und es für die Nachwelt dokumentieren. Nachdem wir unsere Flasche Rotwein ausgetrunken hatten, wurden
wir auch müde. Also krochen wir in die Zelte und hofften trocken die Nacht zu überstehen.
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