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Freitag, der
08.07.2005

Ostroda - Orzyny

Tagesetappe: 105 km

Gesamtkilometerzahl: 399 km

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swieta_lipka.JPGHeute morgen machte der Kocher einmal keine Probleme und so konnten wir unser Frühstück in Ruhe geniessen. Das französische Ehepaar verabschiedete sich von uns und wir packten so langsam unsere Sachen zusammen. Gegen 10:00 Uhr waren ich fertig, aber Dietz brauchte noch eine Weile. Ich sagte nun meinerseits Adieu zu Dietz, wir hatten uns gestern darauf geeinigt, getrennte Wege zu fahren, da ich nur 2 Wochen Urlaub hatte und Dietz 3 Wochen. Außerdem paßte der Rythmus beim Radeln nicht so, ich war doch um einiges schneller.
So war ich nun wieder allein unterwegs, wie weit ich heute fahren sollte, wußte ich noch nicht. Das ließ ich alles auf mich zukommen. Zuerst einmal führte mich der Weg durch Magrowo, ein nettes kleines Städchen, aber nicht besonders aufregend. Kurz vor Swieta Lipka (Heilige Linde) nahm ich den Abzweig Reszel, um die dortige Ordensburg in Augenschein zu nehmen. Wieder einmal fuhr ich auf einer schönen Allee dahin, es ging leicht bergauf und bergab. Da auch heute wieder schönstes Sommerwetter war, kann man sich vorstellen, wieviel Spaß das Radfahren machte. Die Burg war wunderschön und ich blieb eine ganze Weile dort, um die Szenerie zu genießen. In der Burg war auch ein Hotel untergerbracht. Wie würde man denn da so wohnen und was kostet die Nacht? Na ja, ist auch egal, ich hab ja mein Hotel immer mit. Zurück auf die Straße dauerte es auch nicht lang und ich stand am Ortseingang von Swieta Lipka. Mit ihrer berühmten barocken Wallfahrtskirche. Auf dem Vorplatz sprach mich eine junge Frau an, die hier für die Tourismusbehörde arbeitet. Sie fragte mich im Auftrag von einem polnischen Radlerpaar, ob ich Informationen über einen Zeltplatz in Ketrzyn (Rastenburg) geben könnte. Ich holte also meine Karten hervor und konnte auch mit der Adresse eines Zeltplatzes dienen. Über den Umweg der jungen Dame entspann sich ein angeregtes Gespräch. Leider kann ich kein polnisch und das Ehepaar weder englisch noch deutsch. So übersetzte das Mädchen halt, als sich das Ehepaar verabschiedet hatte, unterhielt ich mich noch eine Weile mit ihr. Es ist das gleiche wie fast überall, keine Arbeitsplätze und keine rosigen Zukunftaussichten. So verdiente sie sich ein wenig Geld mit der Betreuung von Touristen. Da die Route, die ich fahren wollte, gesperrt war, fragte ich sie ob ich mit dem Rad doch lang könnte. Sie sagte mir, daß nur eine Brücke kurz vor Ketrzyn gebaut würde und es für Fußgänger einen Behelfsweg gibt. Da die Straße gesperrt war, hatte ich auch kaum mit Fahrzeugverkehr zu kämpfen und die Landschaft fast für mich allein. Klingt ganz schön egoistisch oder nicht? Jetzt tauchte auch die Baustelle auf und tatsächlich führte ein Weg an der Brücke vorbei. Doch leider war auf der anderen Seite eine sehr steile Treppe, die ich jetzt mein Rad hochwuchten mußte. Nach den ersten Stufen verlor ich auch noch ein Tasche und meine Wasserflaschen. So taschte ich auf der Treppe ab und trug alles einzeln hoch. Oben wurde alles wieder aufs Rad gepackt, doch leider war eine Wasserflasche nicht mehr auffindbar. Sie hatte sich ins Gebüsch verkrümelt und ich hatte gar keine Lust auf die Suche zu gehen. Bei nächster Gelegenheit würde ich eine Neue kaufen.dorf.JPG In Ketrzyn brauchte ich ein Weile um die Burg zu finden. Da jetzt Mittagszeit war, nahm ich in dem Biergarten gleich neben der Burg ein Plätzchen ein und bestellte ein Bier und einen großen Salat. Gleichzeitig packte ich meine Karten aus und prüfte die Möglichkeiten, für die nächsten Tage. So ging eine gute Stunde ins Land. Ich bezahlte und besichtigte die Burg. Es war sehr interessant und auch dort verging die Zeit rasend schnell. Jetzt wollte ich weiter und als ich mein Rad fortbewegen wollte tauchte noch ein polnisches Radlerpärchen auf. Da ich sie fotografieren sollte, bat ich sie, auch mich und mein Roß abzulichten. Jetzt ging es aber wieder weiter. Als erstes hatte ich mich gleich einmal verfahren, aber dann doch noch den Weg nach Wegorzewo gefunden. Ich hatte ein gutes Tempo drauf und überholte deutsche Touristen, die eine geführte Tour mit dem Rad machten. Leider hatte ich im Geschwindigkeitsrausch meine Abzeigung verpaßt und rollte nun auf der doch recht belebten 592 dahin. Als ein Weg nach links in den Wald abzweigte, holte ich meine Karte hervor und sah nach, ob ich doch noch auf den geplanten Weg kommen könnte. Hurra, es gab einen Weg und nun nichts wie rein in den Wald. Zuerst erfreute mich Kopfsteinpflaster, aber ein kleines malerisches Dorf erfreute meine Augen. Nachdem ich dieses Dorf verlassen hatte, wurde aus dem Kopsteinpflaster ein Sandweg. Er ließ sich ja noch ganz angenehm fahren, aber nach einer Weile wurde der Sand so tief, daß ich stellenweise schieben mußte. Ich schimpfte mich einen totalen Esel, diesen Weg genommen zu haben. Ab und zu kreuzten weitere kleine Straßen und ich hoffte auf dem richtigen Weg zu sein. Nach vielleicht einer knappen Stunde, ich hatte hier mein Zeitgefühl vollkommen verloren, traf ich dann auf die Straße, nach welcher ich gesucht hatte. Nach einem Kilometer fuhr ich auch an der Wolfsschanze vorbei, aber das mußte ich mir nicht ansehen und fuhr vorbei, genauso wie an den Bunkern. Diese wurden mit großen Plakaten angekündigt. Doch mein Weg führte weiter auf dieser Straße, nach Radzieje wurde die Asphaltstraße von Kopfsteinpflaster abgelöst. Aber kein Kopfsteinpflaster wie ich es bei uns zu Hause gewöhnt bin. Nein, es waren Katzenköpfe und die Zwischenräume ziemlich groß. Das Geschüttel ging über meine Handgelenke und ich hoffte meine Kameraausrüstung würde diese Tortour unbeschadet überstehen, was auch der Fall war. Zwischendurch mußte ich ab und zu mal rasten, denn mir ging das Gehoppel ziemlich auf die Nerven.
freunde.JPGDa das Barockschloß in Sztynort Duzy (Steinort) verfallen und nur von außen zu besichtigen war, hatte ich beschlossen, diesen Abstecher nicht zu fahren. Also weiter Richtung Wegorzewo. Zu meinem Glück wurde aus dem Kopfsteinpflaster wieder Asphalt. Die restlichen Kilometer waren das reinste Kinderspiel und dementsprechend schnell ereichte ich die Stadt. Jetzt machte ich mich auf die Suche nach dem Zeltplatz, mit einmal Nachfragen bei der einheimischen Bevölkerung war er auch recht zügig gefunden. Auch hier war es nicht im eigentlichen Sinn ein Zeltplatz, sondern wieder die Möglichkeit zu zelten auf dem Gelände eines Jachtclubs. Hier allerdings steppte der Bär, wenn ihr mir diese Redewendung verzeihen möget. Wie ich später feststellte, war hier ein Festival an diesem Wochenende und die Fläche war voller Zelte und vergnügungssüchtiger Jugendlicher. Bevor ich hier mein Zelte aufschlagen würde, mußte ich erst einmal für das Recht zahlen, nur wo und bei wem. Nach mehrmaligem Fragen war ich immer noch nicht schlauer. Ich beschloß noch einmal mein Glück zu versuchen und ging zu einer Bank und fragte die dortigen Jugendlichen, sie sagten mir, ich sollte doch einfach aufbauen, der Hafenmeister käme dann schon zum abkassieren. Ich bedankte mich und wollte etwas abseits des ganzen Trubels mein Zelt aufstellen. Plötzlich stand einer der Jugendlichen vor mir und sagte mir auf englisch, daß hier nicht gut zelten wäre und er hatte recht, keine zehn Schritt entfernt waren die Müllkübel. Er zeigte mir einen Platz nahe an ihrer Bank, wo sie auch ihre Zelte aufgestellt hatten. Ich lehnte mein Rad an eine Stange bei der Bank und wollte nun mein Zelt aufbauen. Doch dazu kam ich nicht, denn ich wurde zu einem Bier eingeladen. Die nächsten zwei Stunden verflogen mit Gesprächen, Bier trinken, essen und Brüderschaft trinken. Das Lustige an der Sache war, die Leute am Tisch hatten sich heute auch das erste Mal in ihrem Leben gesehen. Sie kannten sich nur von einem Onlinespiel und wollten sich hier kennenlernen. Nachdem ich endlich meine Behausung aufstellen konnte, wurde ich auch noch von ihnen auf ein Boot eingeladen, mit welchem eine Familie hier war. Der Mann spielte nämlich auch mit, allerdings hatte er die Rolle einer Frau angenommen. Dort wurde ich wieder bestens versorgt, ich erhielt Tee und jede Menge zu essen. Gegen 24:00 Uhr mußte ich mich leider verabschieden, auf mich wartete noch eine Dusche und morgen wollte ich ja weiter fahren. Das Einzige für das ich heute Abend zahlen mußte, war für die Dusche. Spätestens jetzt sollten doch alle Vorurteile gegenüber unseren polnischen Mitmenschen ausgeräumt sein.

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